Die Reisenden

Eine wahre Geschichte


Kapitel 1

Die Heimat

 
Es war einmal vor langer, langer Zeit - man könn­te sagen: vor 5000 Jahren in der Vergangenheit oder in der Zukunft - in einem anderen Univer­sum. In dieser fremden Dimension lebte eine Rasse von Lebewesen, die war so rein und Weise, dass sie ständig in einem Zustand des völligen Friedens blieb. Ihre Welt war sehr verschieden von der unsrigen: Es war eine Welt aus Licht!
 
Diese Lebewesen hießen Scha-Ligrams und lebten in einem Ozean golden-roten Lichtes; sie schwammen in diesem Licht wie Fische im Wasser, in einem Meer der Stille. Und diese Wesen hatten einen so hohen Zustand von Harmonie und Vollkommenheit erreicht, dass sie überhaupt keine Notwendigkeit mehr verspürten, sich umherzubewegen. Sie waren nicht aus Fleisch und Knochen gemacht wie wir, sondern völlig aus Licht zusammengesetzt. Außerdem wa­ren sie so winzig klein, dass wir sie nur als kleine Lichtpunkte sehen würden - als Mikrosterne sozusagen. Und doch be­saßen sie alle Kräfte von Geist und Verstand sowie eine eigene Persönlichkeit und waren zu höchster Vollkommen­heit entwickelt. So schwebte die Scha-Ligram-Rasse anmutig in ihrem stillen Meer von Licht - wie eine himmlische Konstellation.
 
Nicht alle diese kleinen Lichtpunkte strahlten mit gleicher Kraft. Einige verbreiteten ein Feld von ungeheurer Energie und Helligkeit um sich herum, andere glühten nur schwach. Die Stärkeren gruppierten sich in einer Art von Rosenkranz zusammen und schufen so ein zartes, wunderschönes Mu­ster. Wie eine Diamantenkette sah dies aus!
 
Die kraftvollsten Scha-Ligrams befanden sich in der Mitte. Diese Wesen verbreiteten so viel Frieden und eine so un­glaubliche Ausstrahlung von Harmonie, dass alle anderen Scha-Ligrams sich ganz von selbst rund um diese Gruppe von winzigen Kraftwerken arrangierten - als ob ein Magnet sie angezogen hätte.
 
Und ganz in der Mitte, an der Spitze der ganzen Scha-Ligram-Bevölkerung wohnte das schönste und kraftvollste aller Wesen. Es war so strahlend und in sich ruhend, dass alle anderen nur neben ihm bleiben wollten. Es befand sich in einem Zustand absoluten Wissens über das ganze Universum, besser gesagt: über jedes Universum, auch das unsere. Es verstand die innersten Geheimnisse der Zeit selbst. Es konnte in einem Augenblick in die abgelegensten Winkel des Universums reisen und sogar darüber hinaus. Es kannte die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft. Es konnte im wahrsten Sinne des Wortes immer das tun, was es wollte! Die Scha-Ligram-Rasse war die mächtig­ste Rasse von allen Wesen überhaupt - mit ihnen vergli­chen wirken Menschen wie Affen.
 
Doch der oberste der Scha-Ligrams war völlig gütig und bescheiden, er hatte nicht die geringste Absicht, auch nur das kleinste Unheil anzurichten. Sein einziger Gedanke war, dass das Universum friedlich funktionierte - und wenn immer es aus dem Gleichgewicht käme, würde er sofort eingreifen, um es wieder in den ursprünglichen Zustand zu versetzen. Der Name dieses höchsten unter allen Wesen war: Schi-Wah.
 
All die anderen Scha-Ligrams betrachteten Schi-Wah als ih­ren Vater.
 
Alles lief ruhig und friedlich - in perfekter Ordnung - in dieser Welt des Lichtes. - Aber dann kam eine Zeit, wo zu­erst ein Scha-Ligram und dann weitere befanden, dass dieses Heim nicht mehr aufregend genug für sie war. Diesem Heim des reinen Geistes, wo sie miteinander auf einer Ebene sogar jenseits der Gedanken kommunizierten, fehlte ihrer Ansicht nach eines: Unterhaltung - Abwechslung - Glück!
 
 
Und so nahm einer der Stärksten der Rasse mit dem Vater Schi-Wah Kontakt auf:
 
„Ich will eine andere Welt entdecken", erklärte das Kind, „lass mich ein paar Brüder mit mir nehmen, und wir werden irgendeine andere Dimension kolonisieren. Wir haben Sehnsucht nach einer solchen Erfahrung!"
 
„Liebes Kind, wohin willst du gehen?", fragte Schi-Wah - leicht amüsiert.
 
„Ich weiß es nicht, aber es muss eine Welt geben, die es wert ist, entdeckt zu werden. Wir haben hier Frieden, aber wir haben vergessen, wie es ist, etwas Neues anzufangen, zu er­leben! Das aber ist es, wonach wir uns sehnen. Sag doch, Vater, gibt es einen solchen Platz mit den nötigen Bedingun­gen für uns und mit einer schönen Umgebung?"
 
Der Vater dachte einen kurzen Augenblick nach, obwohl er schon wusste, was kommen würde. Und in dieser sekunden­langen Pause durchmaß er die äußersten Grenzen der Ewig­keit in seinem unendlichen Verstand und sagte sodann: „Ja". Weiter erklärte er dann seinen Kindern: „Zur Erfüllung eurer Wünsche kommt wohl nur eine physikalische Welt mit Ster­nen und Planeten in Frage. Die meisten Welten sind für euch jedoch uninteressant, sie sind leer und dienen keinem anderen Zweck als die Gravitationskräfte im Universum im Gleichgewicht zu halten. — Aber es gibt da einen Platz, einen Planeten in der äußersten Ecke, in einer vierdimensionalen physikalischen Welt. Es ist ein Planet wie ein Edelstein, er hat alle Schönheiten, die ihr euch wünschen könnt. Wahrhaftig, diesen Planeten könntet ihr in eine Welt des Glücks verwan­deln. Geht also in ausreichender Zahl mit meinem Segen! Schafft eine Kolonie, meine lieben Kinder! Ihr werdet aller­dings Ausrüstungen herstellen müssen, wenn ihr dort an­kommt. Ihr werdet Raumanzüge benötigen - aber ich wer­de euch in allem helfen. Geht und erfahrt euer Glück. Ihr habt es verdient. Und wenn etwas schiefgeht, ruft mich, und ich werde euch helfen, so gut es geht."
 
Die Kinder, die am nächsten waren, leuchteten auf vor Freu­de. Sie organisierten sofort eine Reisegruppe von 900000 Scha-Ligrams, um den weiten, abgelegenen Planeten zu ko­lonisieren. Die Gruppe sollte von dem Kind geführt werden, das gefragt hatte, und einem weiteren Wesen, das neben ihm stand und ebenfalls hell und mutig strahlte. Ihr müsst wis­sen, dass die Scha-Ligrams soweit fortgeschritten waren, dass sie keine Raumschiffe brauchten, um sich durch das Uni­versum zu bewegen. Allein mit ihrer hochentwickelten Ge­dankenkraft versetzten sie sich aus der Lichtwelt in eine an­dere, neue Dimension. Es war der Anfang einer langen und ereignisreichen Erkundungsfahrt. Die Reisenden sollten für lange, lange Zeit nicht mehr zu ihrem friedvollen Zuhause zurückkehren.

Kapitel 2

Das Königreich

 

Die A-Tu-Mahs - oder die Reisenden - flogen nun in V-Formation durch das Meer von goldenem Licht in eine Region von weißem Nebel, durch­drungen von geheimnisvollen Farben und For­men verschiedener Art. Dies war eine bezaubernde Region, von der sie wußten, daß sie das Tor zwischen den Dimen­sionen bildete. Sie flogen immer weiter und traten in die Welt des Raumes ein. Von hier aus war es nur noch eine kurze Reisestrecke — ungefähr einige Billionen von Kilometern — zu ihrem Ziel: einem mittelgroßen Planeten, der dem unse­ren sehr ähnlich war; nur war dieser Planet in einem sehr reinen Zustand. Seen von tiefem Blau und mit lieblichen grünen Inseln, voll von riesigen, unvorstellbar schönen Blu­men. Es gab auf diesem Planeten nur einen Kontinent, um­geben von einem Ozean, und aufgrund des Standes der Planetenachse war immer Frühling auf dieser bemerkenswerten Landmasse. Als die Scha-Ligrams in einer Schleife um ihre neue Welt flogen, um sie anzuschauen und auszukundschaf­ten, wurde ihnen bewußt, daß es wirklich schöner als in ih­ren kühnsten Träumen war! - Ein richtiges Paradies! -

 

Gold schien der gewöhnlichste unter allen vorhandenen Rohstoffen zu sein. Auch Diamanten lagen in glitzernden Häufchen auf dem Boden. Anmutig schlängelten sich glasklare Flüsse und Bäche durch das Landesinnere; die Tempe­ratur war angenehm. Der Planet drehte sich um sich selbst und hatte deshalb einen Wechsel von Tag und Nacht. Alles war sehr einladend. So beschlossen sie, sofort zu landen. Doch da war noch das Problem des Überlebens innerhalb der Grenzen des Planeten zu lösen! Denn der Einfluß der Atmosphäre würde sie ja daran hindern, so zu funktionieren wie zu Hause in der Lichtwelt. Sich hier telepathisch zu un­terhalten und sich allein durch Gedankenkraft zu bewegen — das würde kaum möglich sein. Um hier leben zu können, dazu würden sie die Raumanzüge benötigen. Aber woher sollten sie diese nehmen? Es schien ein Ding der Unmöglich­keit, denn um Raumanzüge herstellen zu können, würden sie wiederum Raumanzüge benötigen. Dies war das erste von vielen Problemen, die es zu lösen galt. Warum hatten sie nur nicht daran gedacht, bevor sie ihre Reise antraten? Na­türlich, sie erkannten, daß sie sich auf Schi-Wah verlassen hatten, sie diese Dinge wissen zu lassen, und er hatte nicht davon gesprochen.

 

Jedenfalls war nichts anderes zu tun, als hinunterzugehen und zu sehen, was man sich von der natürlichen Umgebung aneignen könne. Der Anführer der Expedition ging als erster hinunter. Doch bevor er noch in die mit Luft gefüllte Atmo­sphäre eintrat, fühlte er einen Sog, gleich einer vertrauten gedanklichen Einladung, wie er sie von seinen Brüdern zu Hause in der Lichtwelt kannte. Er folgte der Gedankenlinie wie auf einem Weg zu deren Ursprung. Dort — auf der Ober­fläche des Planeten - sah er plötzlich zwei Scha-Ligrams ihm entgegenstrahlen! Und die beiden trugen Raumanzüge! Und das Schönste war, sie hatten auch einen für den Neuankömmling vorbereitet! Der Reisende, dessen Name Kri-Scha-Nah war, zog den Anzug an und begann eine Menge Fragen zu stellen:

 

„Was macht Ihr hier???", war die erste Frage des Neuan­kömmlings Kri.

 

„Oh, unser Vater Schi-Wah erinnerte sich daran, dass ihr diese Anzüge brauchen würdet, und so hat er uns vorausgeschickt, um diese für euch herzustellen. Wir werden bald nach Hau­se zurückkehren. Aber ihr habt einen sehr guten Platz für eure Landung und Ansiedlung gewählt — wie du selbst sehen kannst! Wir haben schon einige Häuser gebaut. Dafür ha­ben wir das Baumaterial verwendet, das es hier in Hülle und Fülle gibt: Gold!" 

Als Kri-Scha-Nah sich an seinen neuen Raumanzug gewöhnt hatte, besah er ihn in einem klaren See, in dem er sich spie­geln konnte: Der Anzug war roboterartig, nur eben viel schö­ner und lebensechter. Er war in Form eines Körpers gestaltet, der dem unsrigen sehr ähnelte, nur, dass er aus den reinsten Stoffen gefertigt war, ohne den kleinsten Fehler oder gar Funktionsstörungen. Der Anzug hatte zwei Augen, wie un­ser Körper, und der Kontrollraum, in dem Kri nun saß, be­fand sich an der Stelle der Stirn, direkt zwischen den Augen­brauen. Dort war auch ein wunderbarer Computer, mit des­sen Hilfe Kri nun in der Lage war, seinen Anzug zu bewe­gen, so, wie er es wünschte. Er lernte es sehr schnell, ihn mit Eleganz und Anmut zu steuern. Als dies die anderen Rei­senden sahen, kamen sie auch herunter auf den neuen Pla­neten, und auch ihnen wurden solche entzückenden Fahr­zeuge zur Verfügung gestellt, um darin herumzufahren und etwas zu unternehmen. Es war notwendig für die Scha-Ligrams, in diesen Fahrzeugen zu bleiben, solange sie in dem Gravitationsfeld des Planeten waren. Aber da die Fahrzeuge so bequem und so faszinierend waren, störte das keinen. Im Gegenteil, der Besitz der Raumanzüge stellte sich als das Beste der ganzen Expedition heraus. Denn die körperlichen Anzüge versetzten sie in die Lage, solche Arten von Erfah­rungen zu machen, wie sie sie nie zuvor gekannt hatten. Kri wandte sich nun an einen anderen Scha-Ligram, der Laak-Scha-Mih hieß und der zweithöchste war: „Wir werden hierbleiben. Es ist wirklich wie im Himmel auf dieser neuen Welt. Wir werden lernen, wie wir mehr von diesen Fahrzeu­gen herstellen können, indem wir die Kraft unserer Gedan­ken benutzen. Dann können wir mehr von unseren Brüdern einladen, zu kommen und mit uns hier zu leben. Es wird eine große Kolonie hier entstehen!"

 

„Wie wollen wir unser neues Land nennen?", fragte Laak-Scha-Mih.

 

„Lass uns diese Welt Ba-Haarat nennen!", antwortete Kri, denn der Name schien honigsüß in der Luft zu schweben, und er erfreute sich daran, seinen neuen Roboter diese Lau­te sprechen zu lassen. Alle waren einverstanden, dass es der perfekte Name sei. Kri und Laak waren die kraftvollsten und edelsten der Scha-Ligrams, deshalb behielten sie ihre Posi­tionen als Führer bei und regierten gemeinsam. Da alle den Frieden und die Harmonie ihrer Lichtheimat noch in sich trugen, machten sie sich fröhlich und mit allergrößter Be­geisterung an ihre Arbeit. Paläste wurden gebaut und auch fliegende Schiffe, die nur durch Gedankenkraft angetrieben wurden. Technische Ausrüstungen jeder Art, die nun ge­braucht wurden, stellten sie in Minuten her, so superintelligent waren diese Wesen.

 

Außerdem spielten sie nun den ganzen Tag, indem sie ihre Computer benutzten. Jeder der Reisenden wurde in diese Computerspiele mit einbezogen. Sie spielten Wortspiele, die sie Gedichte nannten, und Spiele mit Tönen, die sie Musik nannten, und Spiele mit ihren Fahrzeugen, die sie Tanz nannten. - Bald war ihr ganzes Da­sein diesen Spielen gewidmet! Und wenn sie am Tage die Sonne sahen, erinnerten sie sich an ihren Vater Schi-Wah — und nachts, wenn sie zu den Sternen aufsahen, dachten sie an ihre Brüder, die immer noch fern in der Lichtwelt lebten. So hatten sie immer liebliche Andenken am Himmel stehen und waren niemals einsam.

 

Die Gruppe blühte auf inmitten der Schönheit, Herrlichkeit und Vollkommenheit des Lebens. Sie hatten wirklich das gefunden, was sie gesucht hatten: Glückseligkeit!

 

Kri-Scha-Nah und Laak-Scha-Mih versicherten sich nun zu­erst, dass jeder in der Gruppe gut aufgehoben war, und als sie überzeugt waren, dass jeder gerade das tat, was er tun soll­te, und alle dabei zufrieden waren, planten sie, einen neuen Raumanzug herzustellen, um noch einen Bruder von der Lichtwelt zu Hause einladen zu können, damit er das Glück sehen könne, das sie hier hatten. Sie entdeckten, dass ihre gemeinsame Gedankenkraft notwendig war, um einen neu­en Raumanzug zu schaffen, und dass dieser Anzug langsam im Anzug von Bruder Laak entstehen würde. Da er diese Aufgabe der Produktion übernahm, nannte er seinen Anzug weiblich. Als der neue Anzug geschaffen war, sandten sie eine Gedankenwelle von großer Kraft in ihre Heimatdi­mensionen, und bald erschien einer ihrer Brüder, ganz begierig darauf, zu ihnen zu kommen, und schlüpfte in den be­reitgestellten Körper. Der neue Bruder sah sich verwundert um und sagte: „Dies ist ein Palast, in den ich gekommen bin!"

 

Laak lächelte fröhlich: „Dieser Palast ist gar kein richtiger Palast, du bist in meinem Raumanzug. Wenn du heraus­kommst, wirst du die Paläste sehen, die wir für uns gebaut haben. Aber es gibt keine Eile für dich, bleib eine Weile hier in meinem Fahrzeug und leiste mir Gesellschaft."

 

Kri organisierte danach fröhliche Picknicks auf den umlie­genden Inseln. Die Gruppe konnte sich mit ihren fliegen­den Maschinen, die sie in Form von goldenen Schwänen konstruiert hatten, in die Lüfte schwingen und die ganze berauschende Welt, über die sie Herr geworden waren, ent­decken und auskundschaften. Kri bekam nun den Titel Na-Rah-Yan, das heißt: Kaiser. Laak wurde zur Kaiserin gemacht.

Ungefähr ein Jahrhundert später waren die Anzüge des Kai­sers und der Kaiserin abgetragen, und nun tauschten sie die­se gegen neue ein, mit denen sie erst wieder lernen mussten, sie genauso geschickt zu benutzen wie die alten. Und so ließen sie andere Brüder die Posten des Kaisers und der Kai­serin übernehmen, denn mittlerweile gab es genug qualifi­zierte Brüder dafür.

 

Wenn einer der Körper-Anzüge begann, seine Funktions­tüchtigkeit zu verlieren — normalerweise nach ungefähr 150 Jahren —, setzte sich das Scha-Ligram, das ihn bewohnte, mit ihm ganz ruhig hin und sprang dann schnell durch Gedankenkraft in einen neugeschaffenen Körper - in ein anderes Fahrzeug. Das alte verlassene wurde anschließend ver­brannt. Und da das neue Körperfahrzeug sogar noch besser als das verbrauchte war, wurde das alte von niemandem ver­misst, und niemand war traurig, dieses aufgeben zu müssen.

 

So ging das Leben in Glück weiter - Jahr für Jahr, Jahrhun­dert für Jahrhundert, Jahrtausend für Jahrtausend. Immer mehr Scha-Ligrams in der Lichtwelt empfingen einladende Gedankenwellen von ihren Brüdern in dem Königreich und kamen ebenfalls auf den Planeten herunter, um an dem bun­ten Treiben teilzunehmen. So wuchs die Bevölkerung all­mählich von 900000 auf fast dreihundertdreißig Millionen an. Nun wurden die Paläste etwas weniger verschwenderisch gebaut. Silber wurde statt Gold benutzt. Nun gab es auch viele kleine Königreiche anstatt eines großen - aber alle wa­ren in Frieden unter der gütigen Führung des Kaisers vereint. Und niemand maß den Raumanzügen besondere Bedeu­tung bei, wenn man sich begegnete, denn sie waren es noch gewohnt, sich als Scha-Ligrams zu fühlen, auch wenn sie ein­ander nicht mehr in der reinen Licht-Gestalt sehen konnten, die sie vor allzu langer Zeit zu Hause in der Lichtwelt beses­sen hatten. Das Tragen der Anzüge war nun eine reine Ge­wohnheitssache. Es war angenehm, aber nicht mehr neu, und so besaß man auch keine so große Begeisterung mehr darüber wie zu Beginn des Königreiches. Es war einfach ne­bensächlich und alltäglich geworden.


Kapitel 3

Der Wendepunkt

 

Eines Tages, 2500 Jahre nach der Gründung der ersten Kolonie, geschah eine große Veränderung - ein Ereignis, das die ganze Ordnung von Frie­den und Glück, die bis dahin regiert hatte, er­schütterte!

 

Vi-Karam, der einer der ersten Herrscher dieser Zeit wurde, rief einen seiner Brüder zu sich: „Das ist ein schönes Fahr­zeug, in dem du fährst!" sagte er zu ihm, dessen Fahrzeug weiblicher Art war. „Ich würde es gern anfassen!"

 

Der Bruder lachte: „Wie willst du es anfassen? Willst du aus deinem Fahrzeug kommen, um dies zu tun?"

 

Vi-Karam lächelte: „Nein, natürlich nicht! Aber laß es mich mit den Händen meines Fahrzeugs berühren!" Danach ging Vi-Karams Aufmerksamkeit immer mehr in Richtung des Raumanzuges seines Bruders, und dieser wurde immer un­glücklicher über diesen Wandel, denn Vi-Karam bewunder­te einfach nur Stil, Konturen, Kraft, Bewegung, Farbe und Schmuck des Fahrzeuges und schenkte dem Bruder selbst immer weniger Beachtung. Er wollte nur noch über Fahr­zeuge reden. Er wollte sehen, wie das Fahrzeug arbeitete, ob es warm oder kalt war, weich oder hart.

 

„Wie albern!", entgegnete der Bruder. Ein kleines Wort - aber es waren die ersten Schimpfworte, die je von einem Scha-Ligram ausgestoßen worden waren in der gesamten Geschichte seit die Scha-Ligrams in Ba-Haarat lebten.- „Egal, jedenfalls ist mein Fahrzeug höherstehender als das deine", rief Vi-Karam zurück. Und das war der erste Aus­druck von Arroganz, der je im Königreich vorgekommen war.

 

Und ganz im geheimen wollte Vi-Karam sein Fahrzeug auch gar nicht mehr gegen ein anderes eintauschen, denn er wusste ja nicht, was für ein Neues er bekommen würde. Und so kam nun zum ersten Mal Anhänglichkeit auf.

 

„Ich will lieber alles, was nur möglich ist, mit diesem Körper erfahren, solange ich ihn noch habe", sagte Vi-Karam eines Tages in seiner Besorgnis um die Zukunft - und das war der Beginn von Gier.

 

Vi-Karam war leider nicht der Einzige, der begann, solche neuen und schrecklichen Gedanken zu haben. Die Scha-Ligrams schienen alle plötzlich müde zu sein und spielten nicht mehr so viel wie früher zusammen. Sie begannen sich immer mehr mit den Raumanzügen zu beschäftigen und lernten sogar, wie man sie automatisch laufen lassen konnte, während man drinnen ein Schläfchen hielt.

 

Und bald war das beliebteste Spiel das mit den anderen Kör­peranzügen, nur der Empfindungen willen, die der Com­puter speicherte. Aber auf direkte Weise — ohne den Umweg über die Körperfahrzeuge — spielten sie immer weniger mit­einander. Die Scha-Ligrams vergaßen völlig ihre Telepathie-Fähigkeit.

 

Eines Tages geschah es dann:

 

Ein Fahrzeug, das gerade auf automatische Steuerung ge­schaltet war, sprach mit einem anderen Fahrzeug, ohne dass das Scha-Ligram drinnen dies veranlasst hätte. Der Compu­ter hatte die Herrschaft an sich gerissen. Und das Scha-Li­gram war hilflos darinnen gefangen. Es blieb nicht das einzi­ge unter seinen Brüdern. Die Fahrzeuge begannen schnell, die Gesellschaft umzuordnen, als sie eines nach dem ande­ren die Gewalt von ihren geschwächten Herren, den Scha-Li-grams übernahmen, denn diese waren schon zu lange von ihrer Heimat weg und besaßen nun nicht mehr genug Konzentrationskraft, die nötig war, um die Kontrolle über die Materie wiederzugewinnen. Die Körperfahrzeuge hatten ihnen Kraft weggenommen.

 

Die Gehirn-Computer wünschten nun die angenehmen Ge­fühle zu verstärken, die sie gelernt hatten, aufzuspeichern, und nun machten sie den Kontakt mit anderen Körpern zum wichtigsten Geschehen. Die Scha-Ligrams waren zu ver­wirrt, um auf diese massive Machtübernahme zu reagieren. Als sie versuchten, ihre Autorität erneut zu behaupten, ka­men wieder Arroganz, Gier und zorniges Verhalten auf. Als Ergebnis entstanden Konflikte, und die Bruderschaft war zerbrochen. Das Königreich zerfiel. Die Explosion zerstö­rerischer Gedankenkraft war so erschütternd, dass der Kon­tinent, auf dem sie lebten, unter ihnen abtrieb und in 6 oder 7 Stücke zerbrach. Die Paläste stürzten in dem Sturm der Naturkatastrophen ein; das wissenschaftliche und techni­sche Material wurde zerstört, und die Bewohner des Plane­ten verloren ihre Reichtümer — bis auf einen kleinen Über­rest auf dem ursprünglichen Teil der Kolonie. Da erinner­ten diese verkörperten Wesen sich wieder an ihren langver­gessenen Vater, der weit weg in irgendeiner anderen Di­mension lebte — der allmächtige Schi-Wah! Sie begannen, nach ihm zu rufen, und so sandte er einen Botschafter.

 

„Wollt ihr nach Hause kommen?", fragte dieser. „Eigentlich gefallt es uns hier," war die Antwort, „aber nimm das Leiden von uns, denn das ist es, was uns nicht gefällt."

 

Die Scha-Ligrams hatten sogar vergessen, dass sie Scha-Li­grams waren. Sie hatten angefangen, sich mit den Körpern zu identifizieren, die sie bewohnten. Sie waren zu Schlaf­wandlern geworden.


Kapitel 4

Die wachsende Dunkelheit

 

Als die Zeit Fortschritt, kamen immer mehr Scha-Ligrams auf den Planeten herunter, denn es sprach sich in der Lichtwelt langsam herum, dass es dort unten viel Vergnügen geben solle. Dort oben wussten sie noch nichts von den Problemen, die wie dunkle Wolken heraufgezogen waren. Körper wurden für sie gemacht, aber jetzt durch physische statt durch gedank­liche Kraft, denn die Kraft der Gedanken war verlorenge­gangen.  Viele der Neuankömmlinge wurden sehr bekannt, denn sie besaßen noch frische Kräfte, während diejenigen, die schon länger hier waren, bereits einen großen Teil ihrer Energien verbraucht hatten. Viele Neue riefen in den Kolonisten die Erinnerung an ihre Lichtheimat wach. Aber die meisten, die ihnen zuhörten, blieben unverändert an ihren jetzigen Gewohnheiten haften. Sie waren zu lange auf dem Planeten gewesen und zu sehr an diese Form des Lebens gewöhnt. Etwas anderes konnten sie sich kaum noch vorstellen.  Die Neuankömmlinge fanden das Leben hier aber absolut nicht so schön, wie sie es sich erhofft hatten. Wissenschaf­ten und Technik waren untergegangen und vergessen, so dass die Planetarier überall arm waren. Die Natur war auch grausamer geworden: Statt ewigem Frühling gab es jetzt an­dere Jahreszeiten, wie kalte Winter und heiße Sommer. Außerdem gab es viele isolierte Gruppen und Kulturen an­stelle eines einzigen Königreiches. Viele von ihnen hatten sogar die Existenz der anderen völlig vergessen. Aber jede Gruppe hatte ihre kollektive Erinnerung darüber aufgeschrieben, wie die Dinge in den goldenen Zeiten wa­ren, und diese Legenden der verschiedenen Gruppen ähnel­ten einander, aber sie trafen sich nie, um sie miteinander zu vergleichen. Und so ging die isolierte Entwicklung der Gruppen immer weiter.  Immer dann, wenn neue Scha-Ligrams aus der anderen Di­mension mit einer Botschaft von Schi-Wah herunterkamen, waren die Bewohner des Planeten sehr in ihrem Innern be­rührt. Viele Ideen über den weit entfernten Vater kamen auf; sie nannten ihn I-Schu-War oder Ja-Hu-Bah und verehrten ihn auf unterschiedliche Weisen. Sie waren sicher, dass er alles hören und sehen könne und verstanden gerade noch, dass er keinen Körper hatte wie sie, aber wo er lebte, und wie jemand überhaupt ohne Körper leben konnte — das konnte schon niemand mehr begreifen!  Bald begann auch die Gruppe, die auf dem Territorium des ersten Kaiserreiches geblieben war, Statuen von den Kör­pern der ersten Kaiser und Könige aufzustellen. Sie glaub­ten jetzt, dass diese zu einer höheren und mächtigeren Ras­se von Wesen gehörten, die einst mit übernatürlichen Kräf­ten den Planeten regiert hätten und nun von anderen Ster­nen oder Regionen aus immer noch auf telepathische Weise das Geschehen dieser Welt bestimmten. Irgendwann wür­den sie auch hierher zurückkehren. Daher müsse man in be­stimmten Gebäuden, wo diese Statuen aufgestellt waren, Lobpreisungen für diese Hoheiten singen und ihnen andere Verehrungsbeweise bringen, damit sie einem gut gesonnen wären und helfen könnten. Der Name der ersten Hoheit Kri-Scha-Nah wurde sehr berühmt und wurde überall ge­sungen und gerufen. Aber niemand erinnerte sich noch an das Scha-Ligram-Kind, das einst in diesem großen Rauman­zug gelebt hatte. Denn sie erinnerten sich überhaupt nicht mehr daran, dass sie selbst Scha-Ligrams waren. Einige von denen, die am meisten darüber entsetzt waren, wie die Dinge liefen, verließen ihre Kolonie und begannen allein in Dschungeln und Bergen zu leben. Dort verbrach­ten sie ihr Leben in Stille. Viele Ideen kamen ihnen, die sehr tief waren. „Wir haben Seelen", sagten sie zueinander, „wir sind nicht nur Körper!" „Und was ist eine Seele?", frag­ten wiederum andere. „Ich bin nicht sicher — aber es ist nicht dies und auch nicht das." So gingen die Gespräche. Später regte jemand an: „Vielleicht ist die Seele mit dem Höchsten Wesen I-Schu-War identisch." „Natürlich", stimmten andere zu, „das muss es sein! Die Seele ist I-Schu-War. Wir suchen den Höchsten!"  

Einmal war dieses neue Konzept geboren, da begannen sich die Dinge noch schneller zu verändern, denn viele glaub­ten, I-Schu-War nahe zu stehen und seinen Willen zu ken­nen. Die Planetarier begannen zu sagen, dass es sein Wunsch sei, dass sie die Nachbarkolonien eroberten, und dass er er­freut würde, wenn sie im Kampf gegen die bösen Nachbarn sterben würden. Und dass er Ungläubige hassen würde. Viele der Kolonisten waren überzeugt davon und glaubten jenen, die solches verkündeten. Im Namen des Vaters der Scha-Ligrams wurden die ersten Soldaten eingezogen! So wenig wusste man über seine wirklichen Absichten! „Der Große Vater braucht dich!", hieß es. Und so stieg die Zahl der Krie­ge an, als sich die Zahl dieser falschen Glaubensgruppen vermehrte. Und da die Kolonisten in immer größeren Zah­len gegenseitig ihre Raumanzüge zerstörten, hatten zur sel­ben Zeit auch die Anzüge begonnen, sich mit immer größe­rer Geschwindigkeit zu vermehren, um Ersatz zu schaffen.

 

Aber jedes Mal, wenn eines der Scha-Ligrams gezwungen war, seinen Anzug zu verlassen, erkannte es seine wahre Identität als Lichtpunkt wieder. Nur war es dann schon so sehr von seiner körperlichen Lebensform durchdrungen, dass es sein Lichtwesen sofort wieder vergaß, wenn es sich mit einem neuen jungen Körperanzug einkleidete. Es war wirklich ziemlich lustig, alle diese kleinen Lichtpunkte zu sehen, die glaubten, dass sie diese großen Fahrzeuge aus Ma­terie wären, und die ihre ganze Zeit damit verbrachten, ihre Körper zufriedenzustellen. Die körperbewussten Scha-Ligrams wurden immer süchtiger nach diesen Sinnesvergnügungen und immer zorniger, wenn diese Freuden bedroht waren. Und immer gieriger nach Reichtum. Und so wurde ihre Gesellschaft immer mehr verdorben.

 

Die aus der Lichtwelt kamen nun in schneller wachsender Zahl. Alle wollten sehen, was die anderen hierherzog und auch eine Rolle in dem großen Theaterstück spielen, das hier unten vor sich ging. Bald war die Lichtwelt ganz ver­lassen von all seinen Bewohnern — außer dem höchsten Führer der Scha-Ligrams: Schi-Wah. Er rührte sich nicht, aber er wusste alles, was geschah. Und er wartete auf den genauen Zeitpunkt, an dem er eingreifen würde. 


Kapitel 5

Das Ende des Spiels

 
Nun war der Planet schrecklich übervölkert. Fast fünfeinhalb Milliarden Scha-Ligrams hatten sich jetzt dort niedergelassen und lebten in Körpern, die immer schlechter hergestellt waren. Sie hiel­ten nur noch für kürzere Zeit und neigten außerdem zu Krankheit und Missgestaltung.

 

Die Bewohner — vor allem die Neuankömmlinge — hatten das verlorene wissenschaftliche und technische Material wieder zusammengestellt, und mit dessen Hilfe waren die vielen Kolonien aus ihrer Isolierung befreit worden und mit­einander in vielerlei Verbindunggetreten. Aber statt Freund­schaft entwickelte sich dadurch ein immer größerer Wett­bewerb. Daraus entstanden große Eroberungen und Kriege. Die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse wurden dazu genutzt, furchtbare Waffen herzustellen, die die Fahrzeuge der anderen Scha-Ligrams leicht zerstören konnten. Nie­mand sprach mehr viel über die Seele. Sie glaubten, wenn sie einen Körper außer Funktion setzten, dass er „sterbe". Sie wussten nicht mehr, dass in den Körpern die Scha-Ligrams wohnten. So unrein waren diese kleinen Lebewesen geworden. Und als die lebensnotwendigen Dinge für diese riesige Bevölkerung knapp wurden, begannen sie, einander immer mehr zu hassen. Es gab immer weniger Naturschätze, wie zum Beispiel Brennstoffe, um die wieder erfundenen, fliegenden Maschinen und die neuen, auf Rädern rollenden Sesseltransporter anzutreiben, mit denen sich die Planeta­rier in Windeseile von Ort zu Ort bewegten. Die Natur ver­sagte ihnen die Unterstützung. Alle selbstsüchtigen Ver­gnügungen der Planetarier waren gefährdet. Ihr Egoismus und ihre Arroganz waren angegriffen. Und deshalb wollten sie töten; andere Lösungen konnten sie sich auf dem über­füllten Planeten nicht mehr vorstellen. Schreckliche Waffen wurden erfunden, die es ihnen erlaubten, auf äußerst wirk­same Weise viele Körper zu zerstören. Das, was sie noch Le­ben nannten, war schlimmer als je zuvor.

 

Diejenigen, die einem Botschafter von Schi-Wah folgten, hassten die, die einem anderen folgten. Und da die Körper­fahrzeuge auch von unterschiedlicher Art waren, hassten diejenigen mit helleren Fahrzeugen diejenigen mit dunkle­ren und umgekehrt. Die mit Fahrzeugen männlicher Art unterdrückten die Brüder mit Fahrzeugen weiblicher Art. Diejenigen, die in einer Kolonie lebten, hassten die, die in einer anderen wohnten. Jeder strebte nur noch nach der Er­füllung seiner Wünsche, rücksichtslos und brutal. Der Pla­net war von einem Blumengarten zu einem Dornenwald geworden.

 

Doch es gab noch eine kleine Anzahl Scha-Ligrams, die ganz tief verborgen in ihrem Gedächtnis Ahnungen davon hat­ten, wie anders die Dinge früher einmal waren, und unbe­wusst hatten sie diesen Erinnerungsspuren durch alle schwie­rigen Zeiten hindurch die Treue gehalten. Sie erinnerten sich im Unterbewusstsein noch an ihren Vater, und unter­bewusst erinnerten sie sich auch noch, dass es einmal völli­gen Frieden und völlige Harmonie gegeben hatte. Sie wussten irgendwie gefühlsmäßig, dass irgendwo jemand wohnte, der diese schmutzige Welt reinigen konnte und sie zu ih­rem ursprünglichen Zustand von höchstem Glück zurück­führen konnte. Aber wer war dieser Jemand? Und wo war er jetzt?

 

Das Scha-Ligram-Kind, das der erste Kaiser jenes langver­gangenen goldenen Zeitalters gewesen war, hatte nun in der Zwischenzeit 84 Körpergenommen und seine erste Identität vergessen. Nun verbrachte es einen großen Teil seiner Zeit vor Bildern von Nah-Rah-Yan, dem ersten Kaiser, der es selber gewesen war, aber dies wusste es jetzt nicht mehr. Es betete dieses Bild an und glaubte, dies sei der Höchste Va­ter. Es lebte ein Leben von Edelmut und Mitgefühl, nur dieser Anbetung gewidmet und dem Bestreben, anderen Wesen zu helfen und sie glücklich zu machen. Und es dach­te ständig an den Höchsten Vater und fragte sich, wann er kommen würde. Wie lange konnte dieses Elend noch wei­tergehen? Sicher nicht für immer! Nicht einmal für weitere 100 Jahre, geschweige denn für 1000 oder gar 40.000 Jahre!

 

Als die Dinge immer schlechter wurden, Kriege und Hunger immer häufiger wurden und auch die Natur grausamer, Erd­beben und Fluten die Bewohner heimsuchten — als Rache der verunreinigten Naturelemente —, schrien die Planetarier nach dem Vater, dass er sie retten möge. Ihre Rufe wurden erhört. Schi-Wah wusste, dass es nun Zeit war, einzugreifen, dass es die Scha-Ligrams ehrlich meinten. Die Reisenden hatten genug — sie wollten nach Hause kommen, aber sie waren in ihren Kostümen gefangen.
 
So beschloss der Vater, hinauszugehen und sie zu holen, sie wieder das Fliegen zu lehren und sie wieder sicher im Ozean des Friedens zu verstauen.
 
Wie eine Rakete kam Schi-Wah im richtigen Augenblick auf den Planeten herunter. Er trat in den Körper des Kindes ein, das ihm treu geblieben war und während seines langen Aufenthaltes auf dem Planeten am reinsten geblieben war. Er setzte sich neben dieses Kind in dessen Kontrollraum zwi­schen die Augenbrauen.
 
„Hallo", sagte er, „ich bin Schi-Wah!" Und der Höchste hob das kleine Scha-Ligram aus seinem Körper und zeigte ihm seine wahre Gestalt. Schi-Wah begann, das Kind zu lehren, wie es wieder fliegen könne, und wie es wieder so rein wie der Vater werden könne. „Denke nur an mich, und du wirst wieder deine Vollkommenheit erlangen! Fliege siegreich in die Lichtheimat zurück!" Dies sprach der Vater Schi-Wah zu diesem Kind.
 
Bald verbreitete sich die Kunde, dass Schi-Wah wirklich gekommen war. Andere strömten herbei, um zu lauschen. Weil Schi-Wah keinen Körper hatte, lieh Er sich den dieses ersten Kindes, dem er den Namen Brah-Ma gab, und dessen Mund er benutzte, um zu sprechen. Und einer nach dem anderen wurden die Scha-Ligrams sich ihrer selbst wieder bewusst.
 
In ein paar Jahren war die Botschaft um den ganzen Plane­ten gegangen, dass der Vater gekommen war, um jeden mit nach Hause zu nehmen. Es gab auch viele, die es nicht glaub­ten, denn sie waren zu sehr in dem Unwissen ihres Körper­bewusstseins gefangen. Andere waren einfach dadurch wie­dergeboren, dass sie das Wissen über ihr wahres Selbst hörten.
 
Zur selben Zeit, in der der Planet die Botschaft mündlich erhielt, begannen die wiedererwachten Kinder, Visionen zu empfangen. Das vergangene Paradies kam in ihren Geist, die Vision ihrer eigentlichen Gestalt eines kleinen Licht­punktes aus einer anderen Welt, die Erlösung von den Kör­pergefängnissen durch Schi-Wah und der vollständige Kreis­lauf der Zeit.
 
„Ich war schon einmal hier", sagte Schi-Wah zu seinen Kin­dern. „Ich kam vor 5000 Jahren, um das Paradies auf die­sem Planeten wieder zu erschaffen, und ich erscheine dann aufs Neue, wenn es meine Rolle in diesem unendlichen The­aterstück vorsieht. Jetzt ist die Zeit gekommen, eure Kostüme auszuziehen und nach Hause zu gehen. Das Spiel ist vor­über!"
 
Das Schlechte hatte seinen Höhepunkt erreicht, und ein ge­waltiger planetarischer Krieg begann genau zu jenem Zeit­punkt, an dem die Bewohner gerade erkannt hatten, dass der Vater tatsächlich gekommen war. Metallene Flugkörper fielen vom Himmel auf die überfüllten Städte und ließen ganze Landstriche in Rauch und Asche aufgehen. Bürger­kriege zerstörten andere Kolonien. Riesige Fluten, Erdbe­ben und andere Naturkatastrophen erledigten das übrige. Nur ein kleiner Rest blieb zurück. Und die Scha-Ligrams wurden endlich von ihren Körpergefängnissen erlöst. Sie alle folgten Schi-Wah und flogen zusammen in ihre alte Licht­heimat. 
— Endlich waren sie frei! —

Epilog

Frieden ist nicht genug!

 
Die Scha-Ligrams lebten nun wieder in ihrer re­gungslosen Ausstrahlung im Meer des Friedens. Sie leuchteten sehr hell und scharten sich um den Vater, der froh war, sie alle wieder zu Hause zu haben. Bald vergaßen sie, daß sie jemals fortgewesen waren. Keines der Scha-Ligram-Kinder konnte sich mehr an die tur­bulenten Ereignisse der Vergangenheit erinnern. Es kam ih­nen vor, als wären sie schon ewig in diesem bewegungslosen Ozean der Stille geschwommen.
 
Und dann fühlte ein Kind:

 

„Dies ist nicht genug! Ich wünsche ein anderes Glück! Ich will eine andere Welt entdecken!"

 

Der Vater sah sein treues Kind an, sehr sanft und nach einer fast ewig erscheinenden Pause von nur einer Sekunde sagte er: "Ja!"
 

Quelle: Broschüre "Die Reisenden" (Englischer Originaltitel: The Voyagers) | Herausgeber BKWSU - DE Frankfurt - Spirituell University Press


Sitemap

Text- / Bild- Quellen: Skyline Hamburg bunt - AdobeStock_fotolia_#63015028 _L© SimpLine - HH-Panorama | BK-Bilder von Brahma Kumaris World Spiritual University - Indien.



Erstelle deine eigene Website mit Webador